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Ukraine: Diakonie bedeutet Solidarität

Die Diakonische Initiative in Hügelheim beteiligte sich an einer großen Rettungs- und Evakuierungsaktion der Diakonie Baden. Durch Flexibilität und das Zusammenspiel von den unterschiedlichsten Stellen, konnte eine Gruppe der Diakonischen Initiative insgesamt sieben ukrainische Geflüchtete in Sicherheit bringen. Die gesammelten Fotoimpressionen finden Sie hier.

 

Rettungsaktion für Menschen m. Beeinträchtigung.

 

Schon Ende Februar, kurz nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine, hatte die Evangelische Stadtmission Freiburg Schlagzeilen gemacht. Sie unterstützte die Evakuierung eines Kiewer Kinderheims. Rund 100 Personen gelang eine spektakuläre Flucht nach Freiburg. Jetzt ist erneut eine Rettungsaktion geglückt. 


Einrichtungen der Diakonie in Baden kämpften gemeinsam darum, Menschen mit Beeinträchtigung aus der Ukraine in Sicherheit zu bringen. Die Flucht gelang und schließlich auch die Unterbringung in den Einrichtungen.
Ihren Anfang nahm die dramatische Aktion am 15. März. Stefanie Aeffner, Bundestagsabgeordnete und ehemalige Landesbehindertenbeauftragte, hatte an das Diakonische Werk Baden einen dringende Hilfeaufruf weitergeleitet. An der polnisch-ukrainische Grenze hingen Menschen mit Beeinträchtigung samt ihren Familien fest. Konkret ging es zunächst um zwei Brüder mit spastischen Lähmungen, sowie um ein Kind mit Autismus. Sie sollten gemeinsam mit ihren Müttern dringend aus dem Grenzgebiet und in Sicherheit gebracht werden.


Martin Maron, Referent für Behindertenhilfe im Diakonischen Werk Baden, nahm sofort Kontakt zu möglichen Unterstützern auf und war erfolgreich. So bot die diakonische Initiative Hügelheim an, den Transport der Kinder und der Angehörigen zu übernehmen. Die SRH Schulen sagten zu, sich um die Unterbringung zu kümmern. Schon am Morgen des nächsten Tages fuhren zwei Mitarbeitende und eine Ehrenamtliche der diakonischen Initiative los mit dem Ziel ukrainische Grenze. 
Von nun an überschlugen sich die Ereignisse. Noch während der Fahrt kam die Meldung, die Brüder seien bereits in Sicherheit gebracht worden. Allerdings warte in Warschau ein ukrainisches Mädchen im Rollstuhl mit Mutter und Grußmutter auf Rettung. Die Familie hatte zwar im eigenen Auto nach Warschau flüchten können, saß nun aber fest, ohne Perspektive auf eine adäquate Unterbringung und ohne Geld. Von vor Ort kamen neue Hilferufe. Diesmal ging es um die Rettung einer 79-jährigen Frau mit schwerer Körperbehinderung und ihrem Sohn aus Breslau. 


20 Stunden waren die Mitarbeitenden aus Hügelheim unterwegs, als sie in Warschau ankamen. Die notleidenden Menschen wurden gefunden und sofort der Rückweg angetreten. Die Mutter und das Kind mit Autismus stiegen in das Fahrzeug der Diakonischen Initiative, der PKW mit den Frauen schloss sich hier der Gruppe an. Schnell wurden für den PKW noch mehrsprachige Markierungen für einen Evakuierungstransport organisiert und mit Panzertape am Wagen befestigt. Der nächste Halt: Breslau. Hier angekommen wurden die Habseligkeiten der 79-jährigen Frau und ihrem Sohn in das Fahrzeug geladen. Als die Personen begriffen hatten, dass die Diakonische Initiative sie in Sicherheit bringen würde, sah man ihnen ihre Erleichterung und zugleich die Strapazen der letzten Zeit deutlich an. Der Konvoi kam nur schleppend voran. Am Abend des 17. März wurde Dresden erreicht. Die Menschen waren mittlerweile derart erschöpft, dass die Fahrt für eine Übernachtung im Hotel unterbrochen werden musste: Zu diesem Zeitpunkt waren die FahrerInnen bereits seit mehr als 32 Stunden unterwegs, die Geflohenen teilweise Tage mehr.


Und man hatte noch mit anderen „Hindernissen“ zu kämpfen. Als die Helfer in Warschau ankamen hatte sich herausgestellt, dass das „Mädchen“ im Rollstuhl eine 38-jährige Frau ist. Da die SRH aber nur Kinder betreuen kann, war eine Unterbringung dort entgegen dem Plan nun nicht mehr möglich. Erschwerend kam hinzu, dass die drei Frauen zwei Katzen und einen Hund dabeihatten. Das Diakonische Werk Baden suchte weiter unermüdlich nach Lösungen. Es kamen neue Ideen für Unterbringungsmöglichkeiten – zerschlugen sich schließlich aber wieder wegen der Tiere. Das diakonische Werk Breisgau-Hochschwarzwald bereitete zwar Notunterkünfte vor. Die waren aber leider nicht ausreichend barrierefrei. Ein Aufruf des Diakonischen Werks Baden an seine Mitglieder führte dann schließlich doch noch zum Erfolg. Für die Erstaufnahme der behinderten 79-jährigen und ihrem Sohn hatte die evangelische Diakoniegemeinde Hügelheim zur Überbrückung ein barrierefreies Hotelzimmer gebucht. Der badische Landesverein bot an, die beiden anschließend in einer betreuten WG in Karlsruhe aufzunehmen. Durch Zufall ergab sich auch für die drei Frauen und ihre Tiere eine Unterkunftsmöglichkeit in einer leerstehenden Wohnung der Johannes-Diakonie. Somit hatten am späten Nachmittag des 18. März alle Beteiligten eine sichere und angemessene Bleibe, bzw. die Aussicht darauf. 


Leider wurde während der Fahrt der, vorher schon schwer beschädigte, Rollstuhl der älteren Dame endgültig unbrauchbar. Ein Ersatz konnte so kurzfristig nicht beschafft werden, war aber nötig, da der Transport der Frau nach Karlsruhe besondere Voraussetzungen erforderte. Glücklicherweise erklärten sich die Malteser Freiburg bereit, den Transport nach Karlsruhe liegend zu übernehmen, auch ohne Kostenzusage. Vielen Dank dafür.
Als die letzten geflohenen Menschen in einer sicheren Unterbringung ankamen, war das Team der Diakonischen Initiative in Hügelheim bereits 53 Stunden unterwegs.


Der Dank des Diakonischen Werks Baden geht an die Diakonische Initiative Hügelheim, insbesondere Diakon David Nicolas Schmitz, der ohne Zögern und ohne Vorbereitung mit zwei KollegInnen, Hr. Karsten Schuster und Fr. Joanna Heidland, nach Warschau gefahren war. Einen ebenso großartigen Einsatz haben Frau Trabold von der SRH, Herr Gerbich-Demmer vom Pilgerhaus Weinheim, Frau Jung-Weyand und Frau Scheytt vom badischen Landesverein sowie Frau Fritz und Frau Ostant von der Johannes-Diakonie gezeigt. Sie alle haben ohne zu Zögern und ohne feste Kostenzusage die Unterbringung und Begleitung der sieben Personen organisiert. Eine selbstlose Rettungs- und Hilfsaktion, die nur durch das gute Zusammenwirken aller möglich wurde.


Die letzte Hürde, die es zu nehmen galt, war die Finanzierung. Die gesamte Rettungsaktion hat die Beteiligten etwas mehr als 4.000 Euro gekostet. Das Geld konnte komplett aus Spenden und Eigenmitteln der Diakonie finanziert werden. Der Betrag wurde bereits an die Diakonische Initiative überwiesen. Ein motivierendes Signal für alle künftigen Hilfsaktionen.

 

 

 

 

maxim